Andy Rocchelli - Letzte Front

ANDY ROCCHELLI

(Pavia 1983 - Sloviansk 2014)

LETZTE FRONT

PHOTO-AUSSTELLUNG

Kuratiert von Miklós Klaus Rózsa

Photobastei

Sihlquai 125, 8005 Zürich

24.11.2017 - 14.1.2018

Vernissage

23.11.2017, 18.00 Uhr

Finissage

13.1.2018, 19.00 Uhr - 21.00
Am Saxofon: Renzo Spotti

Öffnungszeiten

Mi - Sa 12.00 - 20.00 Uhr

Sonntags 12.00 - 18.00 Uhr

Ausstellung in der photobastei in Zürich vom 24.11.2017 - 14.1.2018

In der photobastei-Ausstellung zeigen wir eine grosse Auswahl von Andy Rocchellis Werk

Die preisgekrönten Bilder «Russian Interiors» und Kriegsaufnahmen aus der Ukraine. Die Vernissage ist am 23. November 2017 ab 18:00 in der photobastei am Sihlquai 125. Die Ausstellung dauert vom 24.11.2017 bis 14.1.2018.
Kurator der Ausstellung ist Miklós Klaus Rózsa

Bilder von der Finissage am 13. Januar 2018 - Photobastei

Ausstellung «Letzte Front»Mit Kriegsbildern gegen den Krieg

Der Fotograf Andrea Rocchelli rückte in seinen Bildern immer die Menschen ins Zentrum. Auch im Ostukraine-Konflikt, den er mit seiner Kamera dokumentierte. 2014 kam er dort ums Leben.

Kinder verstecken sich in einem Keller. Bild in Lightbox öffnen.

Bildlegende:Menschen, die Schutz suchen, sind ein häufiges Motiv in Andrea Rocchellis Arbeit. ANDY ROCCHELLI / CESURA

Wie sieht Krieg aus? Vielleicht so: Eine Mutter und eine Schar Kinder sitzen zusammengepfercht in einem Kellerloch, beleuchtet nur durch das fahle Licht einer Glühbirne. Die Furcht steht ihnen ins Gesicht geschrieben.

Andrea Rocchelli hat diese Fotografie im Frühjahr 2014 gemacht, in einem Keller irgendwo im Konfliktgebiet in der Ostukraine, wo pro-russische Separatisten und ukrainische Regierungstruppen sich heftig bekämpften und die Zivilbevölkerung zwischen die Fronten geriet. Das Bild ist Teil einer Serie namens «Bunker».

Humanistische Botschaft

Es ist kein Zufall, dass die Ausstellung in der Photobastei in Zürich gerade damit beginnt. «Einerseits ist das Bild fotografisch sehr schön. Es sieht aus wie ein Gemälde. Andererseits hat es, wie die ganze Ausstellung, einen humanistischen Kern», sagt der Kurator der Ausstellung Klaus Rózsa.

Eine Familie im Osten der Ukraine.Bild in Lightbox öffnen.

Bildlegende:Jede Nacht versteckt sich diese Familie vor dem Bombenhagel im Keller. ANDY ROCCHELLI / CESURA

«Man solidarisiert sich mit der Familie. Wenn man das Bild betrachtet, überlegt man sich: ‹Was haben diese Menschen erlebt? Was haben sie danach erlebt? Und leben sie überhaupt noch?›»

Der Mensch im Zentrum

Klaus Rózsa weiss um die Macht von Bildern und die Verantwortung des Fotografen. Seine Fotografien der Zürcher Jugend-Unruhen in den 1980er Jahren sind in die Geschichte eingegangen.

Wie er selbst, habe auch Andrea Rocchelli immer die Menschen in den Mittelpunkt seiner Bilder gestellt: «Zum Beispiel sieht man bei seinen Kriegsbildern keine blutüberströmten Gliedmassen. Es sind immer ruhige, kaum hektische Bilder. Trotzdem zeigen uns die Bilder, dass er zutiefst betroffen ist von dem, was er fotografiert hat.»

Ein Mensch in Kampfmontur steht an einer brennenden Barrikade. Bild in Lightbox öffnen.

Bildlegende:Andrea Rocchelli dokumentierte die Proteste auf dem Maidan in Kiev. ANDY ROCCHELLI / CESURA

Dokumentarist der Gewalt in der Ukraine

Im Februar 2014 war Andrea Rocchelli in die Ukraine gereist und hatte den Aufstand auf dem Maidan in Kiew dokumentiert. Seine Aufnahmen aus diesen Tagen zeigen die Energie der Proteste und die Gewalt auf beiden Seiten.

Einige Monate später bereiste er die Ost-Ukraine, wo er das alltägliche Leben inmitten der Gewalt fotografierte. Improvisierte Checkpoints im Nirgendwo, zerschossene Autos, leere Schützengräben und immer wieder: Menschen, die Schutz suchen.

Nie sei es Andrea Rocchelli dabei um eine Inszenierung des Krieges gegangen, betont Kurator Rózsa: «Ich sehe keine Ästhetisierung des Krieges. Aber ich sehe ein humanistisches Grundbedürfnis, mit seinen Bildern aus dem Krieg gegen den Krieg zu mobilisieren.»

Ungelegene Journalisten

Als Fotojournalist suchte Andrea Rocchelli mit seinen Bildern die Wahrheit – in einem Konflikt, in dem es kein Gut und Böse gibt und die Front mitten durch Dörfer verläuft. Wie die Kriegsführung hat sich auch die Kriegsberichterstattung verändert.

«Häufig sind es nicht mehr Länder, die gegeneinander Krieg führen. Meistens sind es innerstaatlichen Konflikte, die von vielen verschiedenen Parteien geführt werden. Journalisten kommen ihnen ungelegen, weil sie damit rechnen müssen, dass ihre barbarischen Verhaltensweisen in die Welt hinausgetragen werden.»

Ausgebombter Lastwagen im Osten der Ukraine. Bild in Lightbox öffnen.

Bildlegende:Ein ausgebrannter Lastwagen im Osten der Ukraine. ANDY ROCCHELLI / CESURA

Ungeklärter Angriff

Am 24. Mai 2014 starben der 31-jährige Andrea Rocchelli und sein Dolmetscher durch gezielten Mörserbeschuss. Wer hinter dem Angriff stand, ist bis jetzt ungeklärt. Die Kriegsparteien beschuldigen sich gegenseitig.

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Ausstellungshinweis

Andrea Rocchelli war nicht nur als Kriegsfotograf bekannt. Er hat unter Anderem auch Arbeiten zu Showgirls in Italien oder zur Ausbeutung der Migranten in Kalabrien gemacht. Die Photobastei Zürich zeigt eine grosse Auswahl aus seinem Werk. Die Ausstellung dauert noch bis zum 14. Januar 2018.

Im Juni dieses Jahres wurde in Italien ein Mann verhaftet, der für den Angriff verantwortlich sein soll. Der Prozess steht noch aus.

Letzte Bilder als Herz der Ausstellung

Das Herz der Ausstellung sind mehrere grossformatige Bilder: die letzten Aufnahmen, die auf Andrea Rocchellis Kamera gefunden wurden. Sie sind wohl unmittelbar vor seinem Tod entstanden. Die Gruppe hatte sich in einem kleinen Waldstück versteckt und Schutz gesucht.

Auf den etwas verwackelten Fotos sind Rocchellis Begleiter zu sehen, wie sie am Boden kauern, die Angst ins Gesicht geschrieben. Das ist so beklemmend wie eindrücklich. Auch so sieht Krieg aus.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 28.11.2017, 06:50 Uhr

Video Letzte front - Ausstellung in der photobastei zürich

einige bilder aus der ausstellung letzte front

Letzte front - Aufbau und vernissage (23. November 2017)


Weitere Presse-Artikel, Medien

Im Gedenken an Andy Rocchelli

Hommage an einen mutigen und äußerst talentierten Fotografen

Im Gedenken an Andy Rocchelli

Andrea Rocchelli war ein junger italienischer Fotograf, dessen Leben viel zu früh und auf gewaltsame Weise endete. Die Photobastei in Zürich würdigt ihn und sein fotografisches Werk nun in einer Ausstellung. Die Eröffnung ist heute, am 23. November 2017 um 18 Uhr in Anwesenheit der Familienangehörigen von Andy Rocchelli. Die Ausstellung ist noch bis zum 14. Januar 2018 zu sehen.

Andy, wie ihn seinen Freunde nannten, reiste gerne und oft. Er wollte immer nahe daran sein, nahe am Geschehen, um es nicht nur zu sehen, sondern auch um zu verstehen: Die Lebensweise in Italien – sei es das Showgirl als Massen-Phänomen, sei es die Ausbeutung der Migranten in Kalabrien. Die Kommerzialisierung der weiblichen Identität in den zahllosen Schönheitswettbewerben in Italien, dann aber auch Revolution, Krieg und Verfolgung, das Erbe der sowjetischen Implosion.

Um sich während seiner Reisen finanziell über Wasser zu halten, arbeitete Andy Rocchelli beispielsweise in Russland als „Hausfotograf“ und porträtierte Frauen vor dem Hintergrund häuslicher Kulissen. Aus dieser Arbeit entstand das Buch Russian Interiors. Diese Bilder wurden mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet. Die Photobastei zeigt sie erstmals in der Schweiz.

 

Im Gedenken an Andy Rocchelli
Feb 18, Kiev, Ucraina: protests in the Ukrainian capital continue

Im Februar 2014 arbeitete Andy in der Ukraine, um Bilder von der „Revolution der Würde“ vom Maidan zu machen. Dazu lebte er zeitweise mit den Demonstranten und porträtierte sie. Er verewigte die wütende Reaktion der Polizei, die Gewaltausbrüche beider Seiten, bis hin zur Flucht des Establishments, die sich aus dem Machtvakuum ergab.

Als er einige Monate später zusammen mit seinem Freund und Dolmetscher Andrey Mironov wieder in die Ukraine reiste, begann er Zeugnisse über das Leben der Zivilbevölkerung zu sammeln. Die Fotoserie über Bunker ist das Erbe dieser Tage.

Im Gedenken an Andy Rocchelli

Die letzte Front

Andy Rocchelli fotografierte Gräber und Stützpunkte. Er zeigte Menschen, die ahnungslos von diesem Konflikt überrascht wurden. Das war ein von anderen Leuten anderswo beschlossener Krieg. Die Rhetorik des „patriotischen Kampfes“ gegen die Separatisten zerschellte am Leid derjenigen, die zu Opfern dieses Konfliktes wurden. Andy fotografierte die Geschichte zweier Jungen, Freunde seit ihrer Kindheit. Nun standen sie sich gegenüber als Feinde, entschlossen sich gegenseitig zu töten.

Dann kam der 24. Mai 2014 – Der Tag an dem Andy Rocchelli und Andrej Mironow sterben mussten.

«Wie das Außenministerium in Rom mitteilt, wurde Andrea Rocchelli am 24. Mai 2014 nahe der Rebellenhochburg Slawjansk durch Mörserbeschuss getötet.» (AP 25.05.2014)

Offiziell gibt es bis heute keine Stellungsnahme der ukrainischen Behörden darüber, was an diesem Tag geschah. Doch lassen Eckdaten und Aussagen überlebender Augenzeugen und Recherchen einiger engagierter Journalisten kaum Zweifel über die Verantwortlichen zu. Unbekannt bleibt allerdings weiterhin der Beweggrund des gezielten Mordes an unbewaffneten Journalisten. Sie sind nicht in ein Scharmützel zwischen verfeindeten Geschützstellungen geraten, sondern wurden zum Gegenstand eines methodischen und heftigen Artillerie-Angriffs.

Die Photobastei in Zürich zeigt nun eine große Auswahl von Andy Rocchellis Werk: Die preisgekrönten Bilder Russian Interiors und I wanna be a Showgirl sowie zahlreiche Kriegsaufnahmen aus der Ukraine.

Im Gedenken an Andy Rocchelli
Arzignano.2010.Italy. Beauty contest and tv show “Miss Padania”. 3 days of castings. filmed shower
    Besucherinformationen

Photobastei
Sihlquai 125, CH-8005 Zürich
Tel +41 44 240 22 00

Ausstellungsdauer: bis 14. Januar 2018
Öffnungszeiten: Mi bis Sa 12-21 Uhr, So 12-18 Uhr
Eintritt: frei!